Projektevaluation

Der Verein „Österreich findet euch“ stellt den Menschen in den Mittelpunkt! Es sind Menschen in besonderen Ausnahmesituationen, die Hilfe benötigen. Als einziger Verein seiner Art in Österreich stellen wir uns daher selbst hohe Qualitätsanforderungen, welche durch eine wissenschaftliche Begleitung im Auge behalten werden sollen.

Im Folgenden findet sich eine Indikatorengestützte Evaluation der Qualität der Vereinsarbeit von „Österreich Findet Euch“, erstellt durch Mag. Falk Florian Borsdorf.


Christian Mader,

Obmann „Österreich findet euch“

Oktober 2022


Eine Indikatorengestützte Evaluation der Qualität der Vereinsarbeit von „Österreich Findet Euch“

  1. Allgemeine Informationen zu dieser Evaluation

Für diese Evaluation der Vereinsarbeit von Österreich Findet Euch wurde auf eine selbstrekrutierte Onlinebefragung zurückgegriffen, an der betroffene Angehörige, Vereinsmitglieder und Interessierte gleichermaßen teilnehmen konnten. Einige speziellere Fragen bekamen dabei ausschließlich Personen gestellt, die bereits von Österreich Findet Euch betreut wurden. Mit dem Online-Tool von easyfeedback wurde ein interaktiver Fragebogen gestaltet, der in der Folge erfolgreich eingesetzt werden konnte. Dabei gelangten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Befragung über einen Link auf den Online-Fragebogen und konnten diesen den Fragen folgend beantworten.

Da wir einerseits etwas über die Außenwahrnehmung des Vereins, andererseits aber auch mehr zur Qualität seiner Arbeit erfahren wollten, haben wir uns dazu entschlossen, eine offene Befragung mit Ergebnis zu einem bestimmten Stichtag zu machen. Daher konnten an der Befragung grundsätzlich alle Interessierten teilnehmen. Als Stichtag wurde der 1.10.2022 festgelegt. Die referierten Ergebnisse entsprechen also dem Rücklauf bzw. der Teilnahme an der Befragung zu diesem Stichtag.

Der Fragebogen wurde entlang der folgenden Indikatoren für die Qualität der Vereinsarbeit formuliert.

  1. Indikatoren und Qualitätskriterien

2.1. Erreichbarkeit des Angebots

Rasch durch die Betroffenen gefunden und kontaktiert zu werden ist bei Vermisstenfällen nicht nur für deren Aufklärung wichtig. Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang auch organisatorische und psychologische Faktoren: Je rascher und barrierefreier Informationen zu den Unterstützungsleistungen durch den Verein von den Angehörigen gefunden werden, umso rascher und effizienter greift die Unterstützung durch den Verein. Auch die psychologische Betreuung von Beginn an bietet den Angehörigen eine strukturierte Unterstützung, die auf den alarmierten Zustand beruhigend wirkt. Die Angehörigen erfahren: Da ist jemand, der mir in dieser Situation hilft und mir beisteht.

Fragen dazu:

  • Weiß ich als Betroffene/r, dass ich mich mit meinem Vermisstenfall an Österreich Findet Euch wenden kann?
  • Wie rasch wurde der Verein Österreich Findet Euch gefunden? Auf welchem Weg? (Mundpropaganda, Internet, Facebook, …)
  • Wie rasch kam der Erstkontakt zustande?

2.2. Guter und informativer Erstkontakt

Je besser sich die Angehörigen einer vermissten Person beim Erstkontakt vom Verein betreut fühlen, umso besser können Gefühle der Hilflosigkeit und Angst bei den Betroffenen abgefedert und aufgefangen werden. Wenn die bei Erstkontakt vermittelten Informationen alles enthalten, was Angehörige vermisster Personen für diese erste Phase der Suche nach dem/der Vermissten brauchen, kommen sie rascher aus negativen Gedankenspiralen und Gefühlen und der damit verbundenen Passivität und Hilflosigkeit heraus. Die Transformation ins „selbst aktiv sein und mit Unterstützung durch den Verein handeln können“ lässt die Betroffenen ihre Selbstwirksamkeit deutlicher erfahren. Ein guter und informativer Erstkontakt ist ein Indikator für Qualität, da das Hilfsangebot früher und effizienter greift.

Fragen dazu:

  • Welchen Eindruck hatten die Angehörigen beim Erstkontakt? Fühlten sie sich angenommen, aufgefangen und verstanden durch den Verein?
  • Wie informativ war der Erstkontakt? Wurde auf das weitere Prozedere hingewiesen?
  • Wirkte der Auftritt des Vereins kompetent und vertrauenswürdig?

2.3. Anker und Hartnäckigkeit: Laufende Suche und psychologische Betreuung

Durch den Verein bekommt die Suche nach der vermissten Person im Idealfall einen zentralen Ankerpunkt an der Schnittstelle von laufender Suche und psychologischer Betreuung. Hier möchte der Verein gemäß seines eigenen Anspruchs ergänzend zur Polizei-Arbeit ein Angebot sein. Auf der psychologischen Ebene soll den Angehörigen vermisster Personen der Eindruck vermittelt werden, dass mit Hartnäckigkeit nach dem/der Vermissten gesucht wird. Die gesetzten Initiativen sollten dabei transparent für den/die Angehörige/n sein. Er sollte jederzeit darüber Bescheid wissen, was der Verein in diesem Zusammenhang unternimmt. Eine hohe Zufriedenheit mit der Ankerfunktion an der Schnittstelle von laufender Suche und psychologischer Betreuung wie auch mit der Hartnäckigkeit und Transparenz bei den gesetzten Schritten gilt daher als Indikator für die Qualität der Dienstleistung des Vereins.

Fragen dazu:

  • Welchen Eindruck hatten/haben die Angehörigen von der laufenden Suche? Erleben sie den Verein als „aktiv“ bei der Suche?
  • Wie gut informiert der Verein über den laufenden Stand der Ermittlungen?
  • Haben die Angehörigen das Gefühl, sich jederzeit an den Verein wenden zu können? Wie rasch werden Fragen beantwortet?
  • Füllt der Verein die Schnittstellen-Funktion gut aus? Wie ist da die Wahrnehmung der vermissenden Angehörigen?
  • Wie zufrieden sind die Angehörigen der vermissten Personen insgesamt mit der Arbeit des Vereins?

2.4. Werbung, Drucksorten, Facebook-Auftritt: Die gute Außenwirkung des Vereins

Auch die Verankerung des Vereins im öffentlichen Bewusstsein ist wichtig. Im Idealfall wird das Problem „vermisste Person“ in den Köpfen der Bevölkerung sofort mit dem Verein „Österreich Findet Euch“ verknüpft. Ein solches Szenario ließe sich als hohe nationale Sichtbarkeit des Vereins bezeichnen und würde als Qualitätskriterium für seine Arbeit herangezogen werden können.

  • Allgemein: Wird sofort an den Verein gedacht, wenn es um das Thema „vermisste Person in Österreich“ geht?
  • Homepage: Wie wird diese wahrgenommen? Ist sie übersichtlich?
  • Facebook: Wie wird der Facebook-Auftritt wahrgenommen?
  • Medienarbeit: Wurde man über die Medien schon auf den Verein aufmerksam?
  1. Ergebnisse

19 der 335 Befragten wurden bereits vom Verein in einer Vermisstenangelegenheit betreut. Das entspricht in etwa 6,3% aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Befragung. Diese 19 Befragten bekamen den gesamten Fragebogen zu Gesicht. In einem ersten Schritt werden nun die Ergebnisse dieser ersten Fragen aus dem Fragebogen dargestellt.

Der überwiegende Teil der Angehörigen in Vermisstenfällen kannte den Verein und das mit ihm verbundene Angebot noch nicht, als ihr Angehöriger verschwand. Das ist nicht ungewöhnlich. Das Problem bestand bis zum Verschwinden des/der Angehörigen nicht und wurde erst dann wirklich schlagend.

Dennoch wurde der Verein mit seinem Angebot der Betreuung und Unterstützung relativ rasch gefunden: 20% der Befragten stießen noch am Tag des Verschwindens ihres Angehörigen auf Österreich findet Euch. Und 60% hatten am Folgetag ihre erste Begegnung mit den Verein.

Facebook einerseits, aber zum anderen auch Freunde und Bekannte stellen die Quellen dar, durch die Angehörige in Vermisstenfällen rasch auf den Verein Österreich findet Euch stoßen. Auch das Internet im Allgemeinen stellt hier sicher, dass der Verein rasch gefunden wird.

Der Erstkontakt läuft dementsprechend häufig über Facebook-Messenger, E-Mail und das Formular auf der Homepage ab. Formen des direkten Kontakts (z.B. Telefon) kommen allerdings auch vor.

Der Verein ist sehr rasch zu erreichen und bearbeitet Anfragen sehr zeitnah: In nicht ganz zwei Drittel der Fälle kam der Kontakt mit ihm sofort zustande. In weiteren 20% der Fälle kam nach ein paar Stunden die erste Rückmeldung von Seiten des Vereins.

Beim Erstkontakt wurden stets sofort alle relevanten Informationen zur Verfügung gestellt.

Dabei wirkte der Verein im Erstkontakt sehr kompetent auf die Befragten.

Die vermissenden Angehörigen der vermissten Person fühlten sich im Erstkontakt zu überwältigender Mehrheit in ihren Sorgen angenommen, aufgefangen und verstanden.

Das weitere Prozedere wurde dabei in allen (!) Fällen besprochen.

In knapp zwei Dritteln der Fälle wurde der Verein bei der Suche nach dem/der Vermissten als sehr aktiv erlebt.

Man wurde durchgehend sehr gut (60%) oder zumindest gut über den aktuellen Ermittlungsstand informiert.

Auch wenn Fragen auftauchten, wurden diese sofort oder innerhalb eines Tages beantwortet.

Von mehr als der Hälfte der Befragten wurde der Verein auch in der Schnittstelle zwischen aktiver Suche und psychologischer Betreuung wahrgenommen.

Insgesamt waren die betroffenen Angehörigen sehr zufrieden mit der Betreuung durch Österreich Findet Euch.

Nun zur Wahrnehmung des Vereins generell. Diese Fragen wurden von allen Befragten beantwortet und sollten mehr Anhaltspunkte dazu liefern, wie bekannt der Verein Österreich Findet Euch ist und wie seine Öffentlichkeitsarbeit wahrgenommen wird. Hier zeigte sich, dass der überwiegende Teil der Befragten sofort an den Verein denkt, wenn es um das Thema „vermisste Person in Österreich“ geht.

Die Homepage wird als übersichtlich wahrgenommen.

Insbesondere der Facebook-Auftritt wird sehr geschätzt.

Knapp mehr als die Hälfte haben vom Verein über die Medien erfahren…

Dabei blieben die Auftritte bei ATV: Ungelöst – Cold Case Austria in besonderer Erinnerung.

  1. Diskussion und Resümee

Die Ergebnisse der Befragung zeigen deutlich, dass die Arbeit des Vereins sehr positiv wahrgenommen wird. Alle Indikatoren weisen darauf hin, dass er eine ordentliche Qualität abliefert. Es wird in der Folge darum gehen, die gute Arbeit fortzuführen und so den Verein nachhaltig positiv zu verankern.